Die Geschichte der Backhäuser begann im mitteleuropäischen Raum vor etwa 400 Jahren. Fast jeder Hof hatte seinen eigenen Backofen innerhalb des Hauses. Das führte häufig zu Hausbränden und gefährdete nicht selten die ganze Gemeinde. Dies belegen Brandkatastrophen in Türkheim oder in Tamm bei Ludwigsburg. Die unkontrollierbaren Brände führten letztlich zum Bau gemeindeeigener Backhäuser. Oft geschah es gegen den Willen der Bürger, denn freiwillig räumten unsere Ururgroßmütter ihre altvertrauten Backstellen nicht. So erließ beispielsweise die Württembergische Feuerschutzbehörde 1808 folgenden Generalverordnung : „Da die vielen Backöfen in den Häusern ebenso überflüssig als gefährlich sind, wollen innerhalb Jahresfrist in allen Orten, keine Kommun- Backöfen oder deren nicht genug sind, dergleichen jedoch entfernt von öffentlichen Wegen, Chausseen , usw. erbaut werden.“ Kluge Schultheißen hatten aber schon längst vor diesen Verordnungen Gemeindebackhäuser erstellt. So lässt sich aus einem Rechnungsbeleg von 1628 in Seißen ein „gemeiner Backofen“ nachweisen. Zudem stellte der Backtag ein wichtiges, Interaktion und Gemeinschaft förderndes Datum dar. Hier wurden beim Warten auf Brot und Kuchen Neuigkeiten ausgetauscht. Trotz genauer Bauvorschriften bezüglich der Erstellung am Ortsrand, findet man Backhäuser meistens in der Ortsmitte in Kirchennähe. Die Kirchenuhr half, die Backzeiten einzuhalten. Meist wurden in den Backhäusern zwei Backöfen eingebaut. Mit zwei Zügen konnte sogar die Hitze reguliert werden. Wer hier backen wollte, benötigte jedoch viel Erfahrung und Augenmaß, denn es standen keinerlei technische Hilfsmittel zur Verfügung. Deshalb hatte jedes Backhaus einen Bäckerrufer oder eine Backmeisterin, welche bei der jeweiligen Gemeinde angestellt waren. Es gab aber auch Gemeindebäcker. So überliefert aus der Gemeinde Ettlenschieß von 1878 . Der Tätigkeitsbereich des Bäckerrufers und der Backmeisterin variierte von Gemeinde zu Gemeinde. In manchen Backhäusern waren sie zuständig für das Anfeuern der Öfen, für das Besorgen der Reisigbünde, für das Einschießen und das Herausnehmen der Brote und Kuchen. Die Frauen, die gerade Backtag hatten, reinigten den Ofen, das Backhaus und die Gerätschaften. Die Bäckerrufer überwachten in den meisten Backhäusern (mehr oder weniger) den Ablauf des Backens und nahmen das wichtige Auslosen der Backzeiten vor. An welchen Tagen welche Familie backen durfte, hing im Backhaus aus. Beim Zwölfeläuten tags zuvor wurde mit Kugeln oder Hölzchen mit Ziffern die Backreihenfolge ausgelost. Die gezogene Reihenfolge entschied, ob man als Erste backen musste und einen kalten Ofen vorfand oder ob man die Ofenwärme des Vorbäcker nutzen konnte. Waren zu viele Backinteressierte da, wurden einfach Nieten unter gemischt. Wer eine Niete zog, „denne bleibt´s Maul sauber“, hieß es dann schadenfroh. Mit der Entwicklung des Handwerks übernahmen Bäcker das Backhaus der Gemeinde. Heute werden Backhäuser meist durch Vereine genutzt. Einmal oder mehrmals jährlich finden „Backhausfeste“ statt. Kleine Backhäuser gibt es ferner auf einzelnen Bauernhöfen oder historisch auf ehemaligen Weingütern. Mundartlich wird das Backhaus in manchen Gegenden „Backes“ genannt.